Solidarität statt Konkurrenz – Kundgebung für einen emanzipatorischen Weg aus der Krise

In der jüngeren Vergangenheit haben sich auch in Witten aus guten Gründen die meisten politischen Gruppen, Vereine, Initiativen und Parteien der öffentlichen Kundgebung ihrer Meinung in der klassischen Form der Demonstration oder Kundgebung enthalten. Angesichts der Ansteckungsgefahr hielten es alle für angemessen, sich dahingehend zurückzuhalten und stattdessen andere, kreative Formen der Meinungskundgebung zu suchen und zu erproben. Ausnahmen waren hier nur die Verschwörungstheoretiker*innen der sogenannten „Hygienedemos“, die es sich trotz der Gefahr nicht nehmen ließen, ihr impfgegnerisches und obskures Weltbild zu verbreiten. Hier wurde nicht nur für den Weltfrieden meditiert, wie manche Bilder vermuten lassen, sondern etwa die Mobilfunktechnologie 5G für den Ausbruch des Virus in Wuhan verantwortlich gemacht. In anderen Städten waren die demonstrierenden Allianzen noch finsterer und weit offen für Neonazis und Rechtspopulismus. Die andere Gruppe, die bisher in Witten auch in der Krise öffentlichen Raum für sich beanspruchte, war die von der stalinistisch-maoistisch ausgerichteten MLPD initiierte Initiative gegen die Bebauung des Kornmarktes.
 
Es war daher höchste Zeit, dass sich fortschrittliche Kräfte Wittens vereinten, um die Fackel der Aufklärung hoch in den Himmel zu recken und dieser fiesen Mischpoke ein deutliches Zeichen entgegenzusetzen. So versammelten sich am vergangenen Samstag unter vorbildlicher Einhaltung aller Hygieneregeln ca. 150 Demonstrierende des „Bündnisses gegen Verschwörungswahn“ auf dem Platz vor der Stadtgalerie und zeigten in ihren vielfältigen, fokussierten Beiträgen nicht nur die Gefahr des verschwörungstheoretischen Denkens auf, sondern verwiesen auch auf die, durch die Corona-Krise klarer vor Augen getretenen, Irrwege der kapitalistischen Wirtschaftsweise. Einen Weg aus der Krise kann es nur solidarisch, emanzipatorisch und ökologisch geben, so ihr Tenor.
 
Dem Aufruf hatten sich eine Vielzahl von Initiativen, Vereinen und Parteien angeschlossen, darunter: Antifaschistische Aktion Wetter, Antifaschistische Aktion Witten, Begegnung mit Afrika e.V., Bündnis 90/Die Grünen Kreisverband Ennepe-Ruhr, DIE LINKE Ennepe-Ruhr, DIE LINKE Witten/Wetter, Die PARTEI Witten/Wetter/Herdecke, Ende Gelände Witten, ENSSQ – Ennepe-Ruhr stellt sich quer, Feministische Gruppe Witten, Jusos Ennepe-Ruhr, Jusos Witten, Piratenfraktion Witten, Piratenpartei Ennepe Ruhr, SDAJ Witten, Soziokulturelles Zentrum Trotz Allem, SPD Witten, Raum e.V., Wittener Friedensforum.
 
Die Redner*innen der aufrufenden Organisationen vereinte die Überzeugung, dass die Krise im Kapitalismus für die meisten Menschen nicht die Ausnahme, sondern der Dauerzustand ist. Die Krise könne nur überwunden werden, wenn die kapitalistische Produktionsweise durch eine solidarische, ökologische und an den Bedürfnissen der Menschen orientierte Wirtschaftsweise ersetzt werde. Es gelte daher insbesondere die Reichen für die Folgekosten der Pandemie in Haftung zu nehmen und nicht Steuergeschenke an Unternehmen zu verteilen, deren Profite in den Taschen der Aktionär*innen und den Nummernkonten der Steueroasen verschwinden.
 
Eindringlich in Erinnerung blieb allen Teilnehmer*innen der Beitrag von Williams Atweri vom Verein Begegnung mit Afrika, der die Perspektive Schwarzer Menschen in Deutschland einbrachte. In Bezug auf den durch rassistische Polizeigewalt ermordeten George Floyd schilderte er die alltäglichen Herausforderungen, denen Schwarze Menschen auch in Deutschland in Konfrontation mit offenen oder latenten Rassismen in Institutionen, Behörden und Gesellschaft begegnen. Wegen ihrer Erfahrung mit Polizeigewalt hätte es aus der Schwarzen Community kaum jemand gewagt, an der Kundgebung teilzunehmen. Ein trauriger und skandalöser Zustand, den es zu beseitigen gilt.
 
Die Kundgebung konnte so ein starkes Zeichen setzen für eine solidarische und offene Gesellschaft, für einen emanzipatorischen Weg aus der Krise, gegen Obskurantismus und Verschwörungsglauben, gegen Rassismus und Polizeigewalt.
 
Solidarität statt Konkurrenz!